Prof. Dr. Nevzat Çevik
Wo sind die lykischen Berge,
Wo ist der Xanthos-Fluss?
Warum sehen wir nicht das Mittelmeer?
Die Plünderung der Altertümer ist in jeder Epoche der Geschichte ein häufiger Fall. Der Besitz von „angejahrter“ Ästhetik und einzigartigen Werten, die sonst niemand hat, war schon immer das vorherrschende Verlangen der Reichen und Mächtigen.
Mit der Finanzierung der Sammler der Reisen in den Osten im 17. Jahrhundert, begannen die Werke der Antike nach Westen zu fließen. Die Faszination von Europa an der klassischen Kunst trug zur Gestaltung der zeitgenössischen Kunst und der Verlagerung der Originalwerke anderer Geografien bei. Mit der Philosophie der Aufklärung entdeckte Europa den ästhetischen Wert der Antike und in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts Griechenland, das er als “Heimat der Künste“ bezeichnete. Im Jahr 1830, als Griechenland nicht mehr unter der Herrschaft des Osmanischen Reichs war und sich selbst zu verwalten begann, wurden sofort Maßnahmen gegen die Plünderung ergriffen.
In seiner Rede im Müze-i Hümayun sagte Münif Pasha: “Jedes Stück Land des osmanischen Reiches ist gefüllt mit verschiedenen Antiquitäten der Zivilisationen, die ehemals hier gelebt haben. Hätte man dieser zu der Zeit in Schutz genommen, würde sich das perfekte Museum der Welt in Istanbul befinden.“ Das Osmanische Reich, das eine große und reiche Geografie umfasste, in der die frühesten und glanzvollsten Zivilisationen gegründet wurden, war auch Eigentümer des reichsten archäologischen Erbes der Welt. Doch leider erlebte es im 19. Jahrhundert, als Europa mit der Artefakt-Jägerei begann, seine schwächste Phase. Die Asar-ı-Atika-Verordnung von 1874 war vielleicht gut gemeint oder besser als die Verordnung zuvor, aber sie machte die Ausfuhr von Antiquitäten ins Ausland legitim. Die notwendige Umarbeitung der „sündhaften“ Asar-ı Atika-Verordnung von 1874 von Osman Hamdi Bey sprach die Europäer nicht an, weil sie es als Hindernis dafür betrachteten, die Altertümer so leicht mitzunehmen.
Trotz seines Protektionismus, der Unruhe auf europäischer Seite hervorrief, wurde Osman Hamdi nicht einmal vom osmanischen Palast ausreichend unterstützt. Die Müze-i Hümayun (das Museum des Sultans) war “besitzerlos“. Mit dem Sevres-Abkommen letztendlich was alles weg, eine Ära ging zu Ende und auch die Aufteilung des kulturellen Reichtums im osmanischen Land stand bereits fest. Mit dem Lausanner Vertrag nach drei Jahren würden sich die Bedingungen ganz im Gegenteil ändern. Für Europa ist es die Zeit der Enttäuschung. Das Erbe der Ahnen, das aus diesem wertvollen Land mitgenommen wurde, war nun weg, nun war es an der Zeit, das Verbliebene in Schutz zu nehmen.
Im 19. Jahrhundert waren die Forschungen, die sich vermehrten, die Fortsetzung der Renaissance, wo der Mensch nach seinem Platz und seiner Bedeutung in der Welt suchte, aber sie waren auch das Ergebnis sowohl des Wunsches, seinen Ursprung zu erreichen, des Verlangens nach antiken Quellen, die vom Verständnis der Nationalisierung geleitet wurden, sowie der Bemühungen, Artefakte zu finden. Darüber hinaus intensivierte sich in diesem Jahrhundert auch ein östliches Interesse, das durch die Orientalismusbewegung hervorgerufen wurde. Diejenigen, die kamen, kamen nicht für die Wissenschaft und Kultur. Sie kamen an erster Stelle, um Artefakte zu sammeln. Sie kamen, entdeckten, dokumentierten und veröffentlichten diese nach der Rückkehr und nahmen die Kostbarsten, die sie tragen konnten, mit. Gegen Mitte des 19. Jahrhunderts, das die Erkundungsära der Europäischen Pilger war und von Historismus geprägt war, machten Europäische Konsularbeamte, Pilger, reiche Antiquitätensammler, Ingenieure, die für den Bau von Straßen und Eisenbahnen kamen, Ausgrabungen im osmanischen Land und nahmen die Fundstücke mit in ihre Länder. Insbesondere zwischen den Briten, den Deutschen, den Franzosen und den Österreichern gab es ein Entführungsrennen: Der Nahe Osten auf dem osmanischen Grundstück wurde geplündert. Der Westen fügte seinem klassischen Erbe, das ihn zum „Westen“ machte, das Erbgut anderer Länder hinzu. Sie vergaßen jedoch, dass es sich bei den Objekten, die von ihrem Kontext gelöst und aus ihrer Heimat verschleppt wurden, um Halbidentitäten, sogar um Objekte ohne Identität handelte.
Eines der beliebtesten Gebiete der Plünderung war das mysteriöse Lykien, das bis dahin unberührt geblieben war. Heute sind viele berühmte Artefakte aus der Glanzzeit Lykiens unter den Meisterwerken europäischer Museen ausgestellt. ’Xanthos Marbles‘ war die wichtigste Sammlung aus Lykien, die die Plünderung von Artefakten im 19. Jahrhundert symbolisierte. Ganz besondere Denkmäler des klassischen Zeitalters und so wertvoll, dass es in keiner lykischen Stadt zu finden ist, schmückten die Akropolis der Hauptstadt. Sie wurden 1838 von Sir Charles Fellows entdeckt, leider sehr früh. In den Aufzeichnungen von 1938 erklärte er aufgeregt, er ‘habe in Xanthos eine große Menge wertvoller Reliefs gefunden‘ und sagte, ‘diese sollen in das Britische Museum gebracht werden‘. Der Zug nach Lykien beginnt, sobald der Erlass eingegangen ist. In den Jahren 1842-1843, werden die als „lycian Marbles“ bekannten Werke, darunter das Nereiden Denkmal, der Payava-Sarkophag, das Harpyien-Denkmal, Merehi und das Löwengrab entweder gänzlich oder vom Leib getrennt in 78 großen Kisten auf ein Schlachtschiff verladen und in das British Museum in London gebracht. Es ist einfach unvorstellbar: Die Denkmäler wurden in Stücke getrennt und „abgeschöpft“. Jetzt waren Payava und andere Werke nur noch Felsblöcke. Auf der anderen Seite haben diese prächtigen Werke das British Museum unter den anderen europäischen Museen einzigartig gemacht. Für die „Xanthos Marbles“, die für eine große Sensation in der akademischen und elitären sozialen Welt sorgten und Fellows in Großbritannien unsterblich machten, wurde im Museum von dem Architekten Robert Smirke ein zusätzlicher Saal entworfen. Der westliche Flügel beherbergte als die “Halle Lykien“ alle lykischen Artefakte. Lykien ist nur mit seiner Kultur und Kunst wahrhaftig Lykien, die Sirenen aus der klassischen Epoche die Nereiden, Löwen, Pferde, Herren, Helden sahen sich an einem fremden Ort erstaunt an: Wo sind die lykischen Berge, wo ist der Xanthos-Fluss? Warum sehen wir nicht das Mittelmeer? Wie kamen sie in diesen Saal?
Die Jahre 1880-1884 waren verfluchte Jahre für Trysa. In der Welt der Wissenschaft in Trysa in Demre-Golbasi wird am meisten die erbärmliche Geschichte der Verlagerung der sehr berühmten Heroon-Reliefs nach Wien in Erinnerung gerufen. Zunächst entdeckte J. A. Schönborn 1841 das Trysa-Denkmal und versuchte, es zu verlagern. In seinem Brief schreibt er: "Das Fellows-Team hat begonnen, die Xanthos-Denkmäler auszugraben und nach England zu verlagern. Wenn sie sich nicht beeilen, wird auch das Trysa-Denkmal nach England verlagert." In der Antwort wurde verlangt "So schnell wie möglich wenigstens die wichtigen Teile zu verlagern“. Glücklicherweise gab der osmanische Sultan diese Erlaubnis zu diesem Zeitpunkt nicht und das Denkmal blieb weitere 40 Jahre in seiner Heimat. Doch die Europäer, die entschlossen waren, kein prächtiges Denkmal in Lykien zu hinterlassen, waren dem Trysa-Denkmal hinterher. 1881 kam Otto Benndorf unter der Schirmherrschaft des Grafen Karl von Lanckoronski mit seinem Team nach Trysa, um das berühmte Heroon zu sichten und entdeckte ihn neu. Was auch immer Benndorf getan hat, er hat es geschafft, dass das Heroon, dessen Ruhm im Umlauf war, in die Antikensammlung des österreichisch-ungarischen Kaisers aufgenommen wurde. Und er trug die 211m langen prächtigen Reliefs über die Bergstraße, die er 1882 extra bauen ließ, in 168 Kisten zum Strand. Die Reliefs des Heroons erleben heute die Tage der Zwangsverwahrung in Ausstellungen und Lagern des Wiener Museums. Es sind nicht nur Werke, die Benndorf aus Anatolien mitnahm: Das tödliche Virus, mit dem er sich 1905 in Anatolien infizierte, tötete ihn 1907 in Wien.
Unter den vielen Artefakten, die gewaltsam aus ihrer Heimat, wo sie geboren und aufgewachsen und gestorben waren, verbannt wurden, befindet sich auch Myras Waisenkind. Im östlichen Felsenfriedhof wurde aus einem der schönsten Reliefs von Lykien ein kleines Kind einer Familie von einem Griechen aus Adalya herausgeschnitten und 1886 nach Athen gebracht. Er ist jetzt im “Waisenhaus“ des Athener Nationalmuseums mit der Inventarnummer 1825. Er teilte das frühe Schicksal seines Landsmanns Nikolaus. Auch wenn sein Körper kein „Werk“ ist, war der Leichnam des Heiligen Nikolaus, der Im Jahr 1087 aus seinem Grab in Myra ausgegraben und nach Bari verlegt wurde, der am frühesten entführten heiligen Wert. Als hätte der Heilige gesagt, “begrabt mich in Bari“, und nicht „begrabt mich in Myra“. Die Familie im Felsengrab aus der Klassik wartet auf sein Kind, das Martyrium in der byzantinischen Kirche wartet immer noch auf seinen Heiligen.
Alle „Archäologen des 19. Jahrhunderts wollten, wenn sie mächtig genug waren, alle Artefakte in europäische Museen bringen. Den Europäern ist es noch nie in den Sinn gekommen, die Werke vor Ort zu schützen. Denkmäler sind Welterbe. Es gehört nun jedem. Aber der Verantwortliche und der Eigentümer im Namen aller ist die Verwaltung des jeweiligen Landes. In der Tat hat sich dasselbe Europa bei dem Venedig (Venezia) Verordnung und Malte Konvention die Regel angenommen, dass die Denkmäler dort aufbewahrt werden sollten, wo sie geboren wurden. Obwohl dies in der Tat eine Art Geständnis ist, wird daraus ersichtlich, dass zumindest die Sünden des 19. Jahrhunderts nicht mehr begangen werden.
Anatolische Entdeckungen spielten eine wichtige Rolle in der Entwicklung der europäischen Altertumswissenschaften. Das heißt, ein großes Wissenseigentum und das zu verleihende Prestige, die nicht weniger wichtig sind als die entführten Werke, sind in Vergessenheit geraten. Denn das was CERN heute für Physiker ist, so ist Anatolien ein Labor für Altertum Wissenschaftler. Obwohl wir den frühen europäischen Forschern dankbar für das, was wir über die Geschichte dieses Landes erfahren haben und die Bedeutung der antiken Wissenschaft erkannt haben, sind, können wir ihnen die Ausplünderung nicht verzeihen, und erwarten immer noch und beharrlich darauf, dass unsere Werke in ihr Haus zurückkehren.
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